Sage um die „Swart Greet“

 

 

In der Ellingstedter Umgangssprache wurde das Danewerk immer „Margaretenwall“ genannt. Vielleicht liegt der Ursprung in dieser Geschichte:

 

 

Diese Geschichte beim Erweiterungsbau des Dannewerks betrifft besonders Ellingstedt  und macht deutlich, wer eigentlich das Danewerk (im übertragenden Sinne betrifft dies auch die Schlösser und Burgen) tatsächlich geschaffen hat.

 

Straße am Hauptwall auf Ellingstedter Gebiet
Straße am Hauptwall auf Ellingstedter Gebiet

…. Ganz alleine sprengte sie davon. Mit einem schmalen hellen Strich am Horizont dämmerte der Morgen des 28. Juli 1261 herauf.

 

 

Auf der Höhe des Walles hielt die Reiterin an. Ärgerlich blickte sie auf das Werk. Es war nicht fertig geworden, und so musste sie den Holsteinern in offener Feldschlacht gegenübertreten. Ganz fern in der Heide sah man die Lagerfeuer der Feinde blinken. Dort irgendwo musste das Dorf Lohe liegen, das der Heide den Namen gegeben hat. Die Königin ritt auf die den halbfertigen Wall entlang. Überall klafften noch Löcher. „Diese faulen Schleswiger Bauern“ dachte sie. Hätte sie nicht etwas schneller arbeiten können? Auch ihre dänischen Krieger hatten sie im Stich gelassen, als sie diese am anderen Wallende – damit nur ja die Schleswiger nichts bemerkten – zu Schanzarbeiten einsetzen wollte. Das wäre keine Aufgabe für Kriegsleute, hatten sie erklärt, und es waren nur einige kurze Wallstücke fertig geworden.

 

 

Überall hinter dem Walle lagen im Heidekraut dunkle Gestalten  und regten sich unruhig als die Reiterin vorbeitrabt. Es waren die vielen Bauarbeiter aus dem Schleswiger Lande, die diese Nacht im Freien schlafen mussten, weil die dänischen Kriegsleute sie aus ihren Zelten vertrieben hatten. Eine einsame Gestalt stand auf halber Höhe des Walles und späte nach Süden. Die Königin kannte den Mann. Es war der Bauernvogt Harm Levsen aus Ellingstedt. Als sie an ihm vorüber war, wandte sie sich nochmals um und sah, wie er mit der Rechten hinter ihr her das Zeichen machte, mit dem man sich vor Hexen und dem bösen Blick schützt.  „Die verdammte Hexe, die Swarte Greet“, dachte der Mann…. Ganz deutlich hatte er, als der Wind das Reitkleid auseinanderschlug, gesehen, dass sie die Hosen und Reitstiefel darunter trug. Männerkleider trugen aber nur Hexen. Und wie waren im Westen an der Rheider Au, die neuen Wallstücke entstanden? Niemand wusste es. Über Nacht standen sie plötzlich da. ….

 

 

Nicht genug damit, dass die Dänen immer wieder plündernd und brandschatzend in Schleswig einfielen  und die Bauern zwangen , diesen riesigen Befestigungswall mit der Thyraburg als Zwingburg zu bauen, dachte der Sechzigjährige,  Jetzt hatte auch noch eine Hexe seine Landsleute in den Klauen. Wie herrlich ruhig und friedlich waren doch die Zeiten unter Knud Laward gewesen. ….. In den ersten Jahren seiner Regierung waren allerdings noch häufiger die Wenden auf ihren Raubzügen bis nach Schleswig hinauf gekommen. Aber Herzog Knud hatte sie bald mit blutigen Köpfen heim geschickt. Damals hatte man die Bauern zum ersten Mal  aus ihren Dörfern geholt und die uralten Wälle auf der Landenge zwischen Schlei und den Sumpfniederungen der Rheider Au wider instandgesetzt. Als dann aber Knud Laward König der Obotriten wurde, hatte sich niemand mehr um das Werk gekümmert. Unter seinem Sohne Waldemar aber hatte man die Bauern jahrelang wieder auf viele Wochen mit  Pferden und Wagen aus ihren Dörfern geholt. Der Herzog hielt einen Erdwall nicht für ausreichend, sondern baute noch eine  ungeheure, meilenlange Mauer von der Thryaburg mit ihren 18 m hohen Hängen aus, immer weiter nach Westen, wo die Sumpfwiesen von Jahr zu Jahr trockener wurden…. Bald zeigte sich  dass das Feldsteingeröll für eine Mauer nicht tauglich war. Da brachte es der große Herrscher fertig, dass viele Ziegeleien im Lande Jahrelang große Backsteine brannten. Zu Wagen und zu Schiff wurden sie zu vielen Tausenden herangebracht und im Schweiße ihres Angesichtes mauerten die Schleswiger Bauern und Handwerker viele Monate an der Backsteinmauer. Darauf wurden dann noch ein Wehrgang und eine Brustwehr aus Eichenholz gesetzt. Da mochten die Feinde nur kommen. Aus dieser Höhe waren sie mit Leichtigkeit abzuwehren, wenn sie die steile Mauer zu erklettern versuchten. Aber es war kein Feind gekommen und niemals um das Werk gekämpft worden. Denn der 2. Waldemar, der Sieger, wollte die Grenzen seines Reiches viel weiter nach Süden ziehen und hatte keinen Blick mehr für die alte Grenzwehr.

 

 

Das war die Stunde der Bauern in den umliegenden Dörfern gewesen. Endlich konnten sie sich für die jahrelange Fronarbeit, während der die Felder verunkrauteten und verkamen und die Häuser und Ställe verfielen, schadlos halten. So manches Eichenbrett, so mancher dicke Pfahl von der Waldemars Mauer verwandelten sich in einen Schuppen, eine Scheune, einen Schweinekoben. Und dann, kühner geworden, fuhren die Bauern bei Nacht ganze Wagen voll der großen Ziegelsteine ab, und in den Dörfern wuchsen schöne billige Häuser aus dem Boden. Auf dem Walle weidete das Vieh und trat immer mehr Erde auf der mauerlosen Nordseite herunter. Schließlich fing man sogar an, dort zu pflügen und Buchweizen zu säen.

 

 

Obwohl Margarete alle Wallanlagen verstärkte, wurde  sie von den Holsteinischen  Streitkräften überrascht,  musste die freie Feldschlacht annehmen und verlor die Schlacht. Bevor sie mit einem Schiff floh, schrie sie noch folgend Verwünschungen dem Wall zu:

 

"Fluch über diese Spottgeburt von Wall!

Nie eine Grenze auf ich fall,

Nie fließe auf ihm einen Dänen Blut,

und niemals sei er zur Verteidigung gut."

 

                                          (Dierk  Puls, Schleswig im Mittelalter, aaO. S. 72ff)

 

Dieser Fluch  ist in  Erfüllung gegangen.  Das Danewerk  hat bis heute nicht als Verteidigungslinie gedient. Es hat dort keine Kriegshandlungen gegeben.

 

 

Bald nach 1200 wurde das Danewerk aufgegeben und einer 600jährigen Verfallsperiode überlassen. Von da ab war es die feste Burg Gottorp, die seine Rolle als Schloss und Riegel des dänischen Reiches übernahm. (vgl aaO. Herz).