Die Geschichte des Hofes der Familie Thomsen

Diesen Aufsatz hat Edith Kühl, geb. Thomsen, in ihrer Schulzeit geschrieben.

 

1866 siedelte mein Ur- Urgroßvater, Claus Thomsen, von Ellingstedt Dorfmitte nach Ellingstedt-Busholm aus und baute unser Haus. Es waren eine große Bauernküche, ein Wohnzimmer, ein Schlafraum, je ein Zimmer für Magd und Knecht vorhanden. Das Haus hatte einen Keller, in dem man die Milch absahnte und weiter zu Butter verarbeitete. Damals hatte man noch kein elektrisches Licht, man verwendete Kerzen oder Petroleumlampen. Mit einem Kachelofen wurden die Räume beheizt, man heizte meistens aber nur ein Zimmer, weil man mit dem Brennholz sparen musste. Über der offenen Kochstelle wurde auf dem Boden Fleisch und Wurst geräuchert.

 

Die Tenne war ca. 150 qm groß. In ihr drosch man das Getreide mit dem Dreschflegel. In der Scheune brachte man den selbsthergestellten Torf (30.000 Stück pro Jahr) unter. Zum Hof gehörten 50 ha Land, davon war die Hälfte Ödland. Die 10 ha Ackerland wurden mit einem Einscharpflug, von Pferden gezogen, bearbeitet. Man baute Roggen, Hafer und Buchweizen an. Die Kartoffeln wurden mit der Hand gesetzt. Im Herbst stellte man aus einem Teil der Kartoffeln Kartoffelmehl her. Zum Viehbestand gehörten 6 Kühe, 2 Zuchtsauen, 2 Schlachtschweine, 2 Pferde, 30 Gänse und eine kleine Schafherde. Aus der Wolle der Schafe wurde Garn gesponnen. Vom Ödland wurden jährlich ein paar Hektar urbar gemacht.

 

1870 verunglückte mein Ur- Urgroßvater. Seine Frau Anna, geb. Erichsen, führte den Bauernhof alleine weiter. Mein Urgroßvater war damals vier Jahre alt. 1872 heiratete meine Urgroßmutter Jürgen Clausen aus Hüsby. Die Ehe blieb kinderlos. 1891 wurde die Abnahme angebaut, im selben Jahr heiratete ihr Sohn, Claus Thomsen, Marie Hagge-Ellhöft aus Schuby-Friedrichsfeld und übernahm den Hof. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor, drei Söhne und zwei Töchter.

 

Man errichtete einen neuen Schweinestall. Der Viehbestand wurde vergrößert. Das konnte nur geschehen, da 10 ha Land urbar gemacht wurden. Man benutzte nun zum Dreschen von Getreide eine Breitdreschmaschine. Diese wurde mit einem Göpel von Pferden angetrieben. Das Stroh wurde mit der Hand gebunden und das Korn reinigte man mit der Kornfege. Das Brot wurde im eigenen Backofen gebacken.

 

Die ältesten Söhne Claus und Peter mussten 1914 in den Krieg nach Frankreich. 1915 wurde Peter in Versailles verwundet. 1915 wurde der älteste Sohn Claus verwundet und starb wenig später arg den Folgen dieser Verwundung. Daraufhin bekam mein Großvater als zweitältester Sohn den Hof. Er heiratete 1919 Marie Koberg aus Ellingstedt. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor. Er musste seinem jüngeren Bruder Johannes 15 ha abgeben. Da dieser noch nicht verheiratet war, wurde sein Land mitbewirtschaftet. Meine Urgroßeltern zogen auf die Abnahme. 1936 starb meine Urgroßmutter und 1942 starb ihr Mann.

 

Mein Großvater hielt 20 Kühe und mästete 100 Schweine im Jahr. Er hatte 3 Gespanne Arbeitspferde und ein Reitpferd. Er kaufte sich einen Selbstbinder für die Getreideernte. Mein Großvater wurde 1937 von einem Pferd geschlagen und schwer verletzt. Er war von seinem Unfall bis zu seinem Tode arbeitsunfähig.

 

Mein Vater führte mit 16 Jahren zusammen mit seiner Mutter den Hof. 1941 wurde er in den zweiten Weltkrieg eingezogen. 1945 kam er in russische Gefangenschaft, aus der er 1947 entlassen wurde. 1951 heiratete mein Vater, Willi Thomsen, Käthe Hildebrandt aus Ellingstedt. Im selben Jahr wurde meine älteste Schwester Elke geboren, 5 Jahre später wurde meine Schwester Gisela geboren.

 

1953 wurde mein Vater Besitzer des Hofes. 1952 schaffte er den ersten Wagen mit Gummireifen an. Heute besitzen wir 4 Wagen und einen Miststreuer. Ein neuer Stall wurde gebaut, und die Wohnräume wurden renoviert. Das Dach wurde mit Eternit gedeckt. 1959 verkaufte mein Vater die Pferde und schaffte sich einen Traktor an. Er kaufte auch die dazugehörigen Maschinen: Pflug, Drillmaschine, Heugebläse und ein Mähwerk.

 

1960 bekamen wir eine Melkmaschine, solange wurde noch mit der Hand gemolken. Die Milch wurde bei der Molkerei angeliefert. Einige Jahre später schaffte mein Vater zwei Milchtanks an. 1972 wurde die Meierei in Ellingstedt aufgelöst. Nun holt täglich ein Milchwagen die Milch und transportiert sie zum Butterwerk in Schleswig. Da die Milch erst um 13.00 Uhr abgeholt wird, mussten wir eine Kühlanlage anschaffen.

 

Heute wird das Gras mit einem Kreiselmäher gemäht und anschließend aufgepresst. Der Mähdrescher drischt unser Getreide und das Stroh wird auch aufgepresst. Der Ballenwerfer wirft die Ballen auf den Ladewagen. Anschließend werden die Ballen mit einem Förderband auf den Heuboden transportiert. Die Rüben werden abgehäckselt. Aus den Rübenblättern entsteht nach längerer Gärung Silage. Mit einem Rübenruder ernten wir die Rüben und lassen sie automatisch auf den Anhänger laufen. Weil man dazu mehrere Anhänger braucht, fährt man mit den Nachbarn die Rüben zu einem großen Berg zusammen. Im Winter werden sie an die Tiere verfüttert. Damit die Rüben nicht verderben bis zum Winter, werden sie mit Folie abgedeckt. Unser Viehbestand hat sich bis heute etwas vergrößert. 70 Rinder, 30 Schweine zum Mästen und 10 Zuchtsauen gehören zum Betrieb. Wir haben 30 ha Land, davon sind 15 ha Ackerland. Von der früheren Landfläche musste mein Vater bei der Übernahme des Hofes seiner Schwester 8 ha abgeben. Auf dem Land werden heute Rüben, Hafer, Roggen, Kartoffeln und Gerste angebaut.

 

Die Wasserversorgung erfolgt durch einen eigenen Brunnen. Er ist ca. 10 m tief. Im Sommer 1976 mussten wir den Brunnen reinigen lassen, da er stark verschmutzt war. Der Brunnen war außerdem mit Lindenwurzeln überwuchert. Unser Haus ist nun schon 110 Jahre alt. Jede Generation hat an ihm etwas erneuert oder angebaut.

 

Quelle: Erzählungen meines Vaters Willi Thomsen

 Edith Thomsen, Ellingstedt