Nationalsozialismus

Eine Berichterstattung von Herbert Hansen und Gerhard Schultz

Warum sollten wir uns mit dieser längst vergangenen Episode überhaupt noch beschäftigen?

 

Grundsätzlich ist die Beschäftigung mit der NS-Zeit für eine spezielle Gemeinde eine sehr sensible Angelegenheit und erfordert Fingerspitzengefühl.

 

Es geht um das historische Lernen, einem Lösen von einer reinen Erinnerungs- und Gedenkkultur ( z.B. Volkstrauertag, Kapitulationstag, Befreiung von Auschwitz ) hin zu einer Veranschaulichung vor Ort in einer konkreten Gemeinde, also zu einer regionalen Zeitgeschichte. Hier ist die Faktenlage oftmals sehr spärlich, so auch in Ellingstedt. Aber es bleibt ein Versuch, anhand von Beispielen aus dem täglichen Leben, die Auswirkungen des Nationalsozialismus in Ellingstedt zu zeigen.

 

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Gleichschaltung

Dies ist ein Begriff, welcher der nationalsozialistischen Terminologie entstammt. Er entstand 1933 nach der sogenannten Machtübernahme und meint den Prozess der Vereinheitlichung des gesamten gesellschaftlichen und politischen Lebens. In dieser umfassenden Machteroberungsphase des gesamten öffentlichen und privaten Lebens wurden sämtliche Aktivitäten des Volkes in einzelnen großen Organisationen zusammengefasst und nach dem nationalsozialistischen Verständnis des „Volkswillens“ ausgerichtet. Hierfür wurden gesetzliche Grundlagen geschaffen.

 

Wie viele Menschen in bäuerlich geprägten Gegenden standen auch in Ellingstedt viele dem Gedankengut des Nationalsozialismus mit seinem „Blut- und Boden-Mythos“ nahe, d. h. einer Aufwertung und Verherrlichung des Bauernstandes und sehnten sich nach Land, das wie eh und je von Bauern bestellt wurde. Per Gesetz wurde 1933 der „Reichsnährstand“ gebildet als Zwangsvereinigung sämtlicher in der Landwirtschaft tätigen Personen. Das Reichgebiet wurde in 26 Landesbauernschaften eingeteilt bis hinein in die örtliche Ebene der Ortsbauernschaft mit dem Ortsbauernführer an der Spitze. Der Reichsnährstand hatte zentrale Aufgaben, die vor allem die Steuerung von Produktion, Betrieb, Markt und Preisen, auch die Regelung von Einfuhren beinhaltete. Mit einem Male ging es einem Berufsstand wirtschaftlich viel besser und die Euphorie wurde grenzenlos. Die übrige Arbeitnehmerschaft wurde in der Deutschen Arbeitsfront zusammengefasst als Nachfolgeorganisation der Gewerkschaften.

 

Mit der Gleichschaltung wurden auch alle Bürger in allen Lebensbereichen beeinflusst, egal was sie beruflich oder oftmals auch in der Freizeit machten so z.B. im ADAC organisierte Kraftfahrer im gleichgeschalteten Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps. Andere Beispiele sind der „Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten“, Studentenverbindungen zum „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund“, die Gleichschaltung der Presse, der Lehrerverbände, die Hitlerjugend, der Bund Deutscher Mädchen, das Rote Kreuz. Für Ellingstedt findet sich noch ein Bild, dass das örtliche DRK mit dem Nazi-Emblem zeigt.

 

Sogar vor banalen Freizeitaktivitäten wie den verbreiteten Schützengilden machte die Gleichschaltung keinen Halt. Aus den Nachbargemeinden ( Jübek, Esperstoft, Langstedt, Bollingstedt, Gammellund) gibt es Schriftwechsel zwischen den ortsansässigen Schützenvereinen, dem Landrat und der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeistelle Kiel, mit der Anordnung, den Schützenverein dem nationalsozialistischen Deutschen Schützenbund anzuschließen. Schriftwechsel. Die Abhandlung von Lehrer Ueck, Silberstedt, zeigt dies sehr eindrucksvoll auf.

Vorkommnisse in Ellingstedt

Es gibt einige Beispiele aus Ellingstedt, die zeigen, wie sich der Nationalsozialismus praktisch auf das gesamte öffentliche und private Leben auswirkte. Durch die Instrumentalisierung der Massen für die nationalsozialistische Idee hatte sich überall im Reich eine Herrschaftsphilosophie entwickelt, die alles trug und alles regelte. Oft fragte dann auch keiner mehr, ob vieles mit übergeordnetem Recht überhaupt vereinbar oder sittlich zu verantworten war. So kam es zu skurrilen Auseinandersetzungen in Familie und Gemeinde. Hier einige Beispiele:

 

1) Im Rahmen des nationalsozialistischen Rassenwahns kam es dazu, dass Willi Gosch`s Mutter Frieda als Halbjüdin verhaftet wurde. Aus nicht näher bekannten Gründen wurde sie aber nach einer gewissen Zeit aus der Haft oder dem KZ wieder entlassen.

 

2) Eine Kriegsgeschichte aus dem Jahre 1942

Anni Schäfer erzählt u. a. aus dem Leben ihrer Mutter Dorothea Frahm, die wegen einer Hilfeleistung bei einer Verletzung von einem Kriegsgefangenen für ein paar Monate ins Gefängnis gehen musste.

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3) Bei Pepers hörte Catharina Peper während des Krieges den Feindsender BBC. Ihr eigener Mann hat das mitbekommen, konnte sie aber nicht davon abbringen. Dies teilte er Julius Hoffmann auf der kleinen örtlichen „Parteischiene“ mit und zog diesen ins Vertrauen. Dieser erschien auf dem Hof und hat Catharina „überzeugt“, keinen Feindsender mehr zu hören.

 

Das Deutsche Reich war während des 2. Weltkrieges so indoktriniert, dass ganz Deutschland nur mit dem Volksempfänger die offiziellen Nachrichten hören durfte. Das Hören eines Feindsenders wurde mit zunehmender Kriegsdauer unter immer drakonischere Strafe gestellt. Es kam sogar zu Todesurteilen für Rundfunkverbrecher. Catharina Peper hatte also noch einmal Glück gehabt. Die Anlage macht deutlich, was hätte passieren können.

 

4) Familie Peter Thordsen hatte viele Kinder und war bei den Behörden und Parteiorganen durch „Renitenz“ bekannt und verhasst. Es waren dort viele Vorgänge bzw. Beschwerden aktenkundig. Die Familie wurde offiziell als asozial bewertet.

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Zu 5 bis 7: Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene

Mit dem Anlaufen des „Arbeitseinsatzes“ ausländischer Arbeitskräfte im Reich, der nach Beginn des 2. Weltkrieges in gigantischem Ausmaß ausgebaut wurde, eröffnete sich für die NSDAP auch ein wichtiges Kontroll- und Überwachungsfeld......

Die Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen wurden außer in der Industrie auch in der Landwirtschaft eingesetzt, so auch in größerer Zahl in Ellingstedt......

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Beschreibung Kriegsgefangenenlager Gastwirtschaft Groth
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Beschreibung Kriegsgefangenenlager bei G
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Kriegsgefangenenlager in Schleswig-Holstein
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5a) Kalli und Helmut überleben den Nationalsozialismus

Hans Naeve erzählt aus dem Leben von zwei Behinderten zur Zeit des Nationalsozialismusses und danach.

Johannes Mauderer bewirtschaftete von 1920 bis 1938 einen Hof in Ellingstedt, Ortsteil Schellund 14 (Jockerst). Er baute ein neues Stallgebäude und kaufte während der Inflationszeit Grund und Boden von 5 bis 6 ha dazu, den er nach der Umschreibung mit dem Gegenwert von einem Stieg Eier bezahlen konnte. Mauderer hatte aber zu Beginn der NS Zeit die Aufgabe des Ortsgruppenleiters übernommen und so blieb ihm für die Arbeit auf dem Hof wenig Zeit. Denn die NSDAP forderte ihn für die Parteiarbeit in der SA und für den Aufbau vor Ort und darüber hinaus. Mauderer holte sich aus der Psychiatrie in Schleswig-Stadtfeld zwei starke Männer, zwar psychisch und geistig behindert, die aber mit landwirtschaftlicher Arbeit vertraut waren.

 

Die damalige Zeit im Nationalsozialismus war und ist wohl die dunkelste Zeit in der ganzen bisherigen Geschichte der deutschen Psychiatrie. 250 000 psychisch Kranke und Behinderte fielen dem Euthanasieprogramm der Nazis zum Opfer. Der Volksmund sprach damals von der „braunen Erlösung“. Mindestens 400 000 psychisch kranke und behinderte Personen wurden zwangssterilisiert. Die Zahlen wurden in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht und sind das Ergebnis der eigenen Aufarbeitung der deutschen Psychiatrie.

 

Mauderer als Mitglied der NSDAP und Parteifunktionär war wohl rechtzeitig informiert und holte Kalli und Helmut zu sich auf seinen Hof. Mauderers Interessen und Absichten können heute nur insoweit beurteilt werden, dass er die Arbeitskräfte für seine Landwirtschaft nutzte, alles andere wäre Spekulation. Eine kleine Kammer, Verpflegung, Kleidung und ein kleines Taschengeld reichten aus, um Kallis und Helmuts Wünsche zu erfüllen.

 

Wir Kinder, das sind mein Bruder, meine Spielkammeraden und ich Hans Detlef Naeve, Jahrgang 1936, kannten Kalli Schlömer und Helmut Cordts seit unserer Kindheit als zwei junge Männer von ca. 30 Jahren. Wir spielten dort, wo die beiden arbeiteten, plauderten mit den beiden und die mit uns. Wir kannten also Kalli und Helmut von Anfang an. Das mag auch der Grund gewesen sein, warum mich die Arbeitsgemeinschaft Ellingstedt-damals bat, ihre Geschichte aufzuschreiben. Aber Kinder können auch gemein sein, und so haben wir uns als Kinder so manchen Scherz mit Kalli und Helmut erlaubt. Doch richtig böse sind die beiden uns nie geworden. Zorn und Aggressivität kannte man kaum weder bei Kalli noch bei Helmut.

 

Wenn Kalli nach Feierabend die Pferde zur Weide brachte, ritt er gewöhnlich auf eines der Pferde und zog das andere hinter sich her. Er war jedoch kein guter Reiter, hatte wohl immer etwas Angst, er könnte vom Pferd fallen. Das wussten wir Jungens und trieben seine Pferde an. Sobald die Pferde zu traben begannen, sprang Kalli vom Pferd und immer mit dem Ausruf: „Do Do dat noch mol Chu Chon hett.“ (Ja ja, das sei noch einmal gut ausgegangen.) Denn Kalli hatte neben seinen Behinderungen auch noch eine Sprachstörung.

 

Beide verrichteten von früh morgens bis abends ihre Arbeit auf dem Hof. Dabei ergänzten sich beide im täglichen Einsatz. Kalle z. B. konnte gut mit Pferden umgehen, doch Lesen und Schreiben war nicht sein Fach. Da konnte Helmut aushelfen; er war von großer Statur, kräftig, standfest auf Schuhgröße 48 / 49. Melken mit der Hand konnte er wie kaum ein anderer, konnte mit Schaufel und Spaten umgehen, und auch Schrift und Zahlen waren ihm nicht fremd. So ergänzten sich beide, wenn z. B. Kalli und Helmut den großen Milchsammel-wagen von Schellund und Hüsbyfeld nach Ellingstedt zur Meierei fuhren, hatten die beiden auf 13 Höfen die Kannen der einzelnen Lieferanten eingesammelt. Dabei war Kalli für das Fahren mit den Pferden zuständig und Helmut für die Verladung und Sortierung der Kannen, denn die Lieferungen der einzelnen Mitglieder waren durch Kannennummern kenntlich und mussten bei der Anlieferung entsprechend ihrem Lieferanten zugeordnet werden. Doch alle wussten, auf Kalli und Helmut konnte man sich verlassen, es hat nie Probleme gegeben. Durch ihren Fleiß, Zuverlässigkeit und Umgänglichkeit waren beide bald über Schellund, Hüsbyfeld und im ganzen Dorf bekannt. Sie waren geachtet und wurden respektiert, jeder redete gerne einen kurzen Schnack mit Helmut und Kalli.

 

1938 starb Johannes Mauderer und Kalli und Helmut wurden immer unentbehrlicher auf dem Betrieb. Auch als der junge Soldat Hans Mauderer starb, waren Kalli und Helmut für Frau Mauderer die große  Stütze. Hans Mauderer hatte sich im Krieg eine Geschlechts-krankheit eingefangen und starb nach längerem Siechtum. Einer der Nazi-Schergen aus der Kreisgruppe trat während der Beisetzung in SA-Uniform an sein Grab, den Arm zum Hitlergruß erhoben und der Parole: „Über den Gräbern vorwärts zum Sieg!“

 

Kalli konnte den ganzen Tag auf dem Feld pflügen und eggen, und Helmut musste die Arbeit auf dem Hof verrichten. Durch ihre Arbeit auf dem Hof fanden beide sicherlich die Erfüllung und Bestätigung, die sie brauchten, um ihre Behinderungen einigermaßen auszugleichen, denn die Arbeit wurde ihnen nie zu schwer, es war wohl eher Therapie für ihre Seelen. Nach Feierabend suchte jeder für sich nach einem Klönschnack oder kehrte bei einem Nachbarn ein.

 

So ging Kalli eines Abends zu Carsten Lorenzen nach Hüsbyfeld. Carsten seine Frau war an dem Abend nicht anwesend, und Carsten hatte es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht, hörte aber, dass Kalli zur Tür hineintrat, täuschte Kalli aber vor, dass er eingeschlafen sei. Kalli kommt in die Stube bei Carsten und begrüßt ihn auf seine Art mit „Dach Casse“, denn „Carsten“ konnte er nicht aussprechen. Doch Carsten schläft, antwortet nicht. Gelegentlich blinzelt Carsten mal und zieht die Wimpern leicht an, Kalli, der sieht das, springt auf vom Tisch „Dach Casse, Dach Casse“, denn für Kalli wäre es äußerst unhöflich, Carsten nicht zu begrüßen. Carsten hat das Blinzeln dann noch einige Male wiederholt und Kalli immer sein „Dach Casse, Dach Casse“, bevor Carsten seine Begrüßung erwiderte.

 

Die Ortsteile Schellund und Hüsbyfeld sowie das Dorf Ellingstedt wurde für beide immer mehr zu ihrer eigenen, kleinen heile Welt. Hier kannten sie sehr bald alle Einwohner und die kannten Kalli und Helmut. Hier fühlten sich die beiden wohl und auch wohl zu Hause. Hier trugen sie Nachrichten und Neuigkeiten von Haus zu Haus. Hier erlebten sie ihre Highlights an Weihnachten, an Silvester mit dem Rummelpott, an Geburtstagen und auf dem Schleswiger Peermarkt. Wenn Anfang September die Ernte eingebracht war, fand immer der Peermarkt statt. Dann nahmen sich beide den ganzen Tag frei. Auf diese Tage freuten sich die beiden das ganze Jahr, und über die sie im Nachhinein noch lange sprachen.

 

Nach Kriegsende wurden Monatslöhne für Kalli und Helmut festgelegt, den sie auf ihr Konto bei der Westbankfiliale in Ellingstedt einzahlten und jeder für sich band einen kleinen Betrag ansparte. 1946 wechselten auf dem Betrieb die Eigentümer, doch Kalli und Helmut blieben. Als zu Beginn der 60iger Jahre die Technisierung in der Landwirtschaft immer mehr Einzug hielt, wechselten beide auf andere Betriebe im Dorf. Es war jedoch nicht von sehr langer Dauer, denn die Kräfte der beiden bauten immer mehr ab, und so gingen dann schließlich beide zurück in die Pflege.

 

Nachdem Mauderer gestorben war, wurde Heinrich Bauer für Kalli und Helmut zum Pfleger und Vormund bestallt. Beide verehrten Heinrich Bauer, kehrten gelegentlich auch bei ihm ein. An Peermarkttagen holte Heinrich Bauer beide in der Pflege ab und ging an einem Nachmittag mit ihnen über den Peermarkt. Denn der Peermarkt war und blieb für beide auch im Alter noch das größte Volksfest und das größte Erlebnis.

 

 So lebten und überlebten Kalli und Helmut unter und mit dem Nationalsozialismus. Wären nicht beide für den Betrieb und für die Dorfgemeinschaft so unabkömmlich, nützlich und unentbehrlich gewesen, sie wären mit Sicherheit dem Euthanasie-Programm der Nazis zu Opfer gefallen. Doch in diesem Fall bot die Dorfgemeinschaft Schutz vor der Unmenschlich-keit der Nazi-Schergen, was nicht in jedem Fall zu bestätigen war (Thordsen-Familie).

 

Heinrich Bauer zog sich im Rentenalter von der Pflege zurück, er schlug für Kalli Ernst Hildebrandt und für Helmut meine Person vor. Wir haben dann das Ehrenamt übernommen und Kalli und Helmut gelegentlich auch besucht. Doch ihre Erinnerungen und Gedanken vernebelten sich mit zunehmendem Alter immer mehr und damit auch ihr Interesse an Ellingstedt, Schellund und Hüsbyfeld.

 

Zu Beginn der 80iger Jahre verstarb Kalli und kurze Zeit später auch Helmut. Zu einer kleinen Andacht in der kleinen Kapelle auf dem Domfriedhof waren neben dem Pastor ein Kranken-pfleger, ein Mitpatient sowie meine Frau und ich anwesend, wir gaben Helmut das letzte Geleit, wie zuvor auch Kalli zu Grabe getragen wurde. Beide ruhen auf dem Domfriedhof an der Berliner Straße, über ihre Gräber ist längst schon das Gras gewachsen. Doch die Erinnerung an Kalli und Helmut lebt in der Dorfgemeinschaft bis heute fort.

 

Hans Naeve nach Auskunft von Frieda Ehlers

 

 

5b) Es waren auch 3 belgische Kriegsgefangene in Ellingstedt. Sie waren bei Heinrich Bauer, Frenz Frahm und Matthias Kröger eingesetzt. Der Gefangene bei Bauer hieß Josef Marischall und er kam eines Tages sehr unglücklich von der Feldarbeit zurück auf den Hof, weil ohne sein Zutun eine Maschine durch einen Motorschaden defekt war und er rief fortwährend: „Keine Sabotage“. Der bei Frahms Tätige war irgendwie gehbehindert und der von Kröger war ein patenter Kerl, dessen Eltern in Belgien eine Eisenwaren- und Kettenfabrik besessen haben sollen. Offenbar ging es denen im Dorf bei den Bauern so gut, dass sie sogar Jahre nach ihrer Entlassung 1948/1949 in Ellingstedt zu Besuch weilten, soweit die Erinnerung von Hermann Bauer.

6) Bei Heinrich Bauer und Peter Tams waren als polnische Zwangsarbeiter eine Leonarda Glasnacka und ein Stefan?. Bei Leonarda handelt es sich wohl um die auf der anliegenden Liste aufgeführte Leonarda(o) Gnowadska, geb. 9.4.1922 in ?, die seit dem 21.12.1940 in Ellingstedt war. Diese hatten ein intimes Verhältnis miteinander, aus dem im Sommer 1944 ein Kind bei Bauers geboren wurde. Bei der Geburt halfen Käthe Nickelsen und Marie Bauer. Dieser „Vorgang“ wurde offenbar nicht angezeigt. Ende Mai 1945 sind beide Elternteile mit ihrem Kind nach Polen zurückgegangen. Vor ca. 20 Jahren gab es hier noch eine Anfrage der polnischen Rentenversicherung über die Tätigkeit von Leonarda, soweit die Erinnerung von Hermann Bauer.

7) Bei Hans Bock auf Schellund hatte sich ein belgischer Kriegsgefangener mit der Bäuerin eingelassen, was nicht ohne Folgen blieb. Das Kind wurde nach Kriegsende im November 1945 geboren. Der „Vorgang“ wurde nicht angezeigt und nicht geahndet. Hans Bock kehrte 1949 aus der Kriegsgefangenschaft zurück und hat das Kind wie sein eigenes in sein Herz geschlossen.

8) Matthias Kröger war als letzter überlebender Hofnachfolger des Krögerbesitzes vorzeitig aus dem Krieg entlassen worden. Im Rahmen der Feldarbeit pflügte er gegen Kriegsende einen Acker am Kreuzweg Richtung Silberstedt. Er machte gerade eine Kaffeepause als Ernst Techau in Uniform auftauchte und ihm befahl, die Brücke über die Rheider Au zu sprengen, wenn der Feind vom Süden her kommen würde. Den Hinweis von Kröger, dass die Au ohnehin kein Hindernis für den Feind darstellen würde, da dieser bekanntlich in der Normandie landen konnte und auch den Rhein überquert hätte, ließ er nicht gelten. Bei Nichtbefolgung drohte er ihm, ihn dorthin schicken zu lassen, wo er hergekommen sei, nämlich nach Russland.

 

Auf Plattdeutsch hörte es sich dies wohl so an : „Du Matthis, du hest lehrt mit Munition un Sprengstoff umtogahen. Du musst, wenn de Fiend kümmt, de Rheiderau-Brüch sprengen.“ Darob Matthis : „Minsch Ernst, wenn de Fiend öwer de Rhien komen is, denn kümmt he wohl ok öwer de Rheider Au.“ Darauf Ernst Techau: „Wenn du dat nich wullt, dann schasst du dor wedder hin wo du herkomen büsst.“ Matthias Kröger tat gut daran, sich der Aufforderung nicht weiter förmlich zu wiedersetzen, denn eine Meldung des Vorfalles hätte als Wehrkraftzersetzung oder Feigheit vor dem Feind bewertet werden können.

 

9) Aus dem Schulbereich

(Quelle: Kreisarchiv Schleswig, Bestand B 2.2) :

 

Das Schulwesen war in der Zeit von 1933 bis 1945 selbstverständlich auch vom Nationalsozialismus durchdrungen. Wer im Schuldienst bleiben wollte, durfte sich nicht offen gegen das System stellen. Inwieweit die Ellingstedter Lehrerschaft die Naziideologie auch Schulalltag verwirklicht hat, ist insbesondere am Beispiel der Lehrer Stoislow und Jacobsen zu sehen, die sehr eng mit der örtlichen Parteileitung verbunden waren.

 

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Im November 1944 wurde der Schulbetrieb nach vorübergehender Unterbrechung wieder aufgenommen, wozu jetzt auch die „Kieler Jungs“ gehörten, die möglicherweise zu Hause „ausgebombt“ waren. Sie soll es aber auch schon vor dem Kriege gegeben haben. Möglicherweise handelte es sich auch um Kinder, die im Elternhaus nicht mehr ernährt werden konnten und die deswegen zu Bauern aufs Land geschickt wurden. Dort mussten sie arbeiten und gingen vor Ort zur Schule. Der Bauer musste für dieses Kind jährlich 25 Reichsmark Schulgeld entrichten. Hierzu findet sich in dem Werk der „ Nationalhumanist Erich Loß -1871-1941“ ein Hinweis. Seine Tochter war in Ellingstedt in dieser Zeit als Lehrerin tätig und ihr ist aufgefallen, dass Jugendliche aus Kiel-Garden, die bei den Bauern als „Arbeitssklaven“ eingesetzt wurden, grün und blau geprügelt zum Unterricht erschienen.

Auch stellte die Schule für Soldaten einen Tagesraum zu Verfügung.

 

Außerdem nahm die Bevölkerung auch eine größere Anzahl „Ausgebombter“ aus den industriellen Ballungsräumen des Reiches auf.

 

10) Am Danewerk bei Kurburg wurden in der Endphase des Krieges sogenannte „Schipper“ eingesetzt. Es handelte sich um 30-40 in der Regel ältere Männer, die am Danewerk einen Panzergraben und auf dem Wallkörper in 150- Meter-Abständen MG-Löcher aushoben. Die Kräfte kamen aus der näheren Umgebung, waren in einer Gruppe zusammengefasst, wohnten in Ellingstedt, wurden zentral verpflegt und geschlossen zum Einsatzort geführt

11) „Am 17.1.1943, einem Sonntagabend kurz vor 22 Uhr, kam es über Schleswig zu einem Luftkampf zwischen einem deutschen Nachtjäger und einem britischen Bomber. Nach einem kurzen Luftkampf“, so berichten die Schleswiger Nachrichten, „war der Brite erledigt und stürzte bei Ellingstedt ab. Die sechs Insassen fanden den Tod“ (so M. Schartl, Schriftenreihe der Kulturstiftung Kreis SL-FL Bd. 8). Die Absturzstelle lag südwestlich der Beek am Niwischenweg (Neuwiesenweg). Nach einem Zeitzeugenbericht von Hans Thiesen (Bockhöft) haben er und Ernst Andresen am Tage nach dem Absturz des Flugzeuges die Absturzstelle aufgesucht und sahen dort entsetzliche Dinge.  Zerfetzte Leichenteile lagen noch überall herum und wurden unter ihren Augen von deutschen Soldaten vom nahen Fliegerhorst Jagel  geborgen und in Särge gelegt und abtransportiert. Später gab es auch immer wieder Schulausflüge zur Absturzstelle, in deren Mitte sich ein tiefer Krater befand. Gebrannt hat es an der Absturzstelle nach seiner Erinnerung eher  nicht. Motor-  und andere Flugzeugteile wurden von der Bevölkerung noch längere Zeit gesammelt und verwertet.  Die Absturzstelle ist kaum noch erkennbar und befindet sich an der auf dem folgenden Bild gekennzeichneten Stelle.

 

 

Bild von der Absturzstelle. Vom Weg südlich der Beek 350 m von der rechtwinkligen Kurve Richtung Beek entfernt.

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12) Darüber hinaus ist den Schleswiger Nachrichten zu entnehmen: „Der größte Teil der arbeitsfähigen männlichen Bevölkerung einschließlich der älteren Jahrgänge der HJ werden zu Schanzarbeiten an der Westküste eingesetzt. Dort wird der sogen. Friesenwall gebaut. Es werden auch Panzergräben von 4 m Breite und 2,75 m Tiefe ausgehoben. Anschließend wurden gleiche Gräben bei Schleswig und vor dem Danewerkwall bei Hollingstedt gebaut. Man merkt, dass der Krieg in ein kritisches Stadium tritt“, lautet die Meldung vom 15.9.1944.

 

13) Im Hause Heinrich Bauer (jetzt Helga Andresen) hat es in der Kriegszeit einen Kindergarten offenbar für die 3 bis 5 Jährigen gegeben. Er befand sich im nördlichen Hausflügel und war um einen Toilettenanbau für die Kinder erweitert. Es gab Liegestühle für die Mittagsruhe, an den Wänden Regale für das Zahnputzgeschirr. Gespielt wurde auf dem Hofplatz an der Silowand in einem Sandhaufen, soweit Hermann Bauer. Hintergrund war vermutlich, den Kindern möglichst früh „Zucht und Ordnung“ beizubringen.

 

Anni Sprick (ca. 1942/43) auf dem Weg zum Kindergarten.

 

 

 

Ansicht vorne: alter Schweinestall (abgebrannt).

 

 

 

Der Giebel im Hintergrund gehört zum Schulgebäude.

Behördliche und parteiliche Strukturen in Ellingstedt

 Die Ortsgruppe Ellingstedt der NSDAP wurde in der 2. Hälfte des Jahres 1929 gegründet und hatte damals bereits 104 Mitglieder ( Sebastian Lehmann: Kreisleiter der NSDAP in Schleswig-Holstein, Matthias Schartl, Beitrag in : Demokratische Geschichte Band 15 Essay 7.pdf

 

Während der NS-Zeit gab es folgende Bürgermeister:

Von 1937?  bis  1939                   Peter Sierck

Von 1939?  bis  1942/43             Claus Hansen

Von 1944?  bis  Kriegsende        Johann Plähn

 

Als Ortsgruppenleiter fungierten:

Von 1933?  bis  13.8.1937             Johannes Mauderer

Von 1937?  bis  Kriegsende        Heinrich Frahm

 

Soweit bisher bekannt, gab es folgende Parteigliederungen vor Ort:

Ortsgruppe, Zelle, Block

Evtl. Deutsches Frauenwerk (DFW)

Deutsches Jungvolk (DJ) 10 bis 14 jährige Jungen

Hitlerjugend (HJ) 14 bis 18 jährige Jungen

Jungmädelbund (JM) 10 bis 14 jährige Mädchen

Bund Deutscher Mädel (BDM) 14 bis 18 jährige Mädchen

SA-Abteilung

Ob es eine SS-Abteilung gab, ist nicht belegt.

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Ein paar Fotos aus der Zeit des Nationalsozialismusses zum downloaden.
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Entnazifizierung

Nach dem Ende der Naziherrschaft erfolgte in Schleswig-Holstein durch die britische Besatzungsmacht die Entnazifizierung. Die Briten arbeiteten dabei mit einem Skalensystem von 1 bis 5.

 

Kategorie 1 Kriegsverbrecher 

Kategorie 2 Belastete (Aktivisten, Militaristen, Nutznießer)

Kategorie 3 Minderbelastete

Kategorie 4 Mitläufer

Kategorie 5 Entlastete                               

Entnazifizierung von Johannes Plähn

 (Landesarchiv Schleswig-Holstein Abt. 460.12  Nr. 527)

 

Der Deutsche Entnazifizierungsausschuss stuft Johannes Plähn (J.P.) am 26. August 1946 als aktiven Nazi ein, der 1929 der NSDAP sowie der SA beitrat. Er sei Ob.-Sturmführer in der SA gewesen.

 

1916-1919 Schütze in Frankreich-Belgien (Eisernes Kreuz II)

1929 NSDAP

Sturmführer SA

NS.-Reichskriegerbund bis 1945

Reichsluftschutzbund

entlassen als stellvertr. Bürgermeister

 

Am 2. Dezember 1947 wurde J.P. in die Kategorie 3 eingestuft und die Entlassung als Viehhändler auferlegt.

 

Nichtparteigenossen u. Gegner der Partei aus der Gemeindeverwaltung Ellingstedt schreiben an den Entnazifizierungsausschuss am 4. April 1947:

 

"Im Jahre 1928 wurde in Ellingstedt die Ortsgruppe der N.S.D.A.P. gegründet. 1929 ging der damalige Ortsgruppenleiter der jetzt verstorben ist, Johs. Mauderer Ellingstedt bei den Nichtmitglieder von Haus zu Haus, zwecks Aufnahme in der Partei. Herr Plähn war Gewerbetreibender u. wurde gewissermaßen durch Nichteinritt von seitens der Bevölkerung blockiert.                                                                                                Herr Plähn hat sich nie gegenüber Nichtmitglieder sowie Ausländer u. Gefangene unwürdig benommen. Er hat seine drei Kinder nicht nach national-sozialistischen Grundsätzen weihen lassen, sondern sind alle konfirmiert.

Der Viehwirtschaftsverband Schleswig-Holstein führt in seinem Leumundszeugnis vom 19. März 1948 aus:

 

"Der Viehkaufmann Johs. Plähn aus Ellingstedt ist mir seit meinem Dienstantritt auf der Viehverteilungsstelle Schleswig (Herbst 1943) als ordentlicher Viehkaufmann bekannt.                                                                           Sein Verhalten war so, daß es mir nie aufgefallen ist, daß Plähn Mitglied der NSDAP gewesen ist. Er hat in meiner Gegenwart keine Propaganda betrieben....." 

 

Die Gemeindevertretung Ellingstedts erklärt am 20. März 1948:

 

"Der Viehhändler, Herr Johannes Plähn aus Ellingstedt, ist uns seit langem bekannt. Wir wissen, dass er seinerzeit in die NSDAP eingetreten ist und dass er Mitglied der SA war.    

Wir bestätigen aber Herrn Plähn hierdurch, dass er sich als ein anständiger Mensch überall und bei jeder Gelegenheit benommen hat, dass er keinesfalls als "aktiver Nazi" anzusehen ist. Er hat sich in keiner Weise in irgendeiner Form politisch vergangen. Insbesondere hat er z.B. ausländische Arbeitskräfte und Kriegsgefangene gut behandelt. .....   Herr Plähn hat keinerlei politische Aktionen mitgemacht.                 

Wir Unterzeichnete gehörten nie der NSDAP an."  

 

Der Bürgermeister der Gemeindeverwaltung Groß-Rheide schreibt am 21. März 1948:

 

„Der Viehhändler Johs. Plähn, Ellingstedt ist mir seit langem benannt. Ich weiss, das er Mitglieder der NSDAP. und in der S.A. war. Ich bestätige Herrn Plähn hiermit, das er sich als anständiger Mensch überall und bei jeder Gelegenheit benommen hat…..  Plähn ist hier in unserer Gemeinde viel gekommen und sehr gerne gesehen. Er hat sich in keine Weise in irgend einer Form politisch vergangen, er ist nicht als aktiver Nazi anzusehen."

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Dokumente aus dem Landesarchiv Schleswig-Holstein zur Entnazifizierung von Johannes Plähn.
Dokumente aus der Entnazifizierungsakte
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Entnazifizierung von Heinrich Bauer

Das schleswig-holsteinische Landesarchiv bewahrt die Akte unter Abt. 460.12 Nr. 21 auf.

 

Der Entnazifizierungsausschuss stufte Heinrich Bauer am 23. März 1948 in die Kategorie 4 (Mitläufer) ein und begründet das wie folgt: "B. trat der NSDAP 1933 bei und war ab 1939 Orts.-Gr.-Organ.-Leiter. Der SA trat er ebenfalls1933 bei und wurde 1941 zum Ob.-Scharführer befördert. Trotz der pol. Belastung ist B. als Mitläufer beurteilt worden, da die beiliegenden Leumundszeugnisse ausweisen, dass B. nicht als Aktivist anzusprechen ist, sondern unter einem gewissen Druck und aus politischer Unerfahrenheit der Partei beitrat.“

 

Der Ortsverein Ellingstedt der SPD schrieb am 28.Januar 1948 an den Entnazifizierungsausschuss: "B. ist für Ellingstedt erst sehr spät der Partei (NSDAP) beigetreten. Politische Unkenntnis und ein gewisser Druck dürften die Gründe für seinen Eintritt gewesen sein (Man schlug ihm als Nichtnazi und wegen des Nichthissens der Naziflagge die Fensterscheiben ein). Als Nazi blieb B. stets Mensch, der für die soziale Not seiner Mitmenschen ein offenes Herz und eine offene Hand hatte.


Die Flüchtlinge, die vor und nach der Kapitulation bei B. untergebracht worden sind, sprachen mit Hochachtung von "ihrem" Bauern, da das Verhältnis in der ganzen Zeit stets herzlich und ungetrübt war. ....."

 

Auch der Kreisbauernvorsteher äußerte sich in seinem Schreiben vom 24. Januar 1948 ähnlich und beschreibt H.B. als "sehr tüchtigen und fleißigen Bauern, der auf vielen Gebieten als ein Vorbild angesehen wird."

 

Im Fragebogen des Entnazifizierungsausschusses führt H.B. aus, dass er vom 28.August 1945 bis zum 24. September 1946 interniert war und dass ihm der Grund seiner Internierung nie bekannt geworden sei.

 

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Dokumente aus dem Landesarchiv Schleswig-Holstein zur Entnazifizierung von Heinrich Bauer
Dokumente aus der Entnazifizierungsakte
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Entnazifizierung von Claus Thomsen

(Landesarchiv Schleswig-Holstein Abt. 460.12)

 

Der Berufungsausschuss für die Entnazifizierung und Kategorisierung führt in seinem Einreihungsbescheid vom 18. Oktober 1948 u.a. aus:

 

Der Betroffene wird als Mitläufer in die Kategorie IV eingestuft. Er verliert für die Dauer der Zugehörigkeit zu dieser Kategorie das passive Wahlrecht. Die Vermögenssperre wird mit Wirkung vom 20. Oktober 1948 aufgehoben. Er hat eine Verfahrensgebühr von 300.-- DM sowie die baren Auslagen des Verfahrens zu tragen.

 

Begründung: Der Betroffene ist Bauer in Ellingstedt. Er ist im Jahre 1929 als einer der Ersten im Dorf der NSDAP beigetreten, weil er sich von ihrem Programm eine Besserung der landwirtschaftlichen Lage versprach.

 

Im Jahre 1934 trat er der SA bei und hat dieser bis zum Jahre 1940 ohne Amt angehört. Im Jahre 1940 schied er aus, weil er Blockleiter wurde und hat dieses Amt bis Kriegsende bekleidet. .....

 

Er hat es auch abgelehnt, seinen Sohn in die SS eintreten zu     lassen." ......

 

Anmerkung: Der "Blockleiter" stand am unteren Ende der Hierarchie von nationalsozialistischen Parteifunktionären.

 

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Dokumente aus dem Landesarchiv Schleswig-Holstein zur Entnazifizierung von Claus Thomsen
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