Dithmarscher Landeszeitung / Heider Anzeiger

am 09. Oktober 1957

 

 

Lebensfrage für den Bauern

 

 

 

Die Flurbereinigung ermöglicht erst die Rentabilität und die Konkurrenzfähigkeit der Höfe.

 

 

Die Flurbereinigung bildet heute ein Problem, das die Landwirtschaft noch viele Jahre beschäftigen wird. Man wird dabei an die Zeit vor nunmehr bald 200 Jahren erinnert, als die sog. „Verkoppelung“ in Schleswig durchgeführt wurde. Damals erhitzen sich die Gemüter an dieser Frage, und es gab ebenso viele fanatische Gegner der Landaufteilung wie Anhänger. In diesem Zusammenhang ist es darum durchaus keine müßige Spielerei, diese geschichtlichen Tatbestände wieder ans Tageslicht zu ziehen.

 

Wenn wir heute an die Flurbereinigung herangehen, schleppen wir zunächst das nicht ganz leichte Erbe der damaligen Verkoppelung mit uns. Damals nach Erlaß der kgl. Verordnungen von 1766 und 1770 mußte es schon als Fortschritt angesehen werden, wenn die Aufhebung der jahrhundertlangen Feldgemeinschaft sich trotz aller Widerstände in einigen Jahren durchführen ließ. Meistens erfolgte dann die Verteilung der einzelnen Feldanteile durch das Los.

 

Das heutige Bestreben, jeden Hof möglichst zu arrondieren und ihm eine günstige Verkehrslage zu geben, lag also der damaligen Zeit noch recht fern. Zeit war damals noch nicht in dem Maße Geld wie heute. Man war bemüht, um der Gerechtigkeit willen, jedem Bauer den Anteil an den verschiedenen Ländereien zu geben, den er seinem bisherigen Besitzstand nach beanspruchen konnte. Er bekam ein Stück von der Kuhfenne, von der Pferde- und von der Schweineweide, von dem Moor, dem Wald, dem Ackerland und dem Ödland mit dem Erfolg, daß er seitdem sein Land in allen Richtungen der Windrose suchen konnte.

 

Warum unsere Vorfahren ihre Höfe einstmals so ineinander gebaut haben, ist uns heute schwer verständlich. Wahrscheinlich war das Schutzbedürfnis eben der entscheidende Grund. Um so mehr ist uns heute die Aufgabe der Auflockerung gestellt. Das ist keine leichte Aufgabe.

 

Aber das eine steht fest, daß wir heute nach dieser altväterlichen Flureinteilung von 1775 viel zu unrentabel arbeiten. In einer Fabrik würde so viel Leerlauf das Werk wohl zum Ruin führen. In der Praxis der Landwirtschaft aber zwingt dieser Zustand den Bauern zu einem 12 – 14stündigen Arbeitstag, um den Ausglich zu schaffen. Den Idealfall des arrondierten Bauernhofes mitten in seinem Land können die Ellingstedter nicht herstellen. Wohl aber können sie bei gutem Willen zusammenhängende Ländereien schaffen, die den Einsatz moderner Maschinen viel lohnender gestalten und den Bauernhof in der heutigen Zeit konkurrenzfähig machen.

 

In diesem Sinne hielt Regierungs-Vermessungsrat Ortmann vom Kulturamt in Heide in einer Versammlung in Ellingstedt einen Vortrag, der von fast 100 Flurgemeinschaftsteilnehmern lebhaft begrüßt wurde.

 

Die Flurbereinigung in Ellingstedt ist, wie sie durchgeführt werden soll, die erste im Kreise Schleswig. Für eine Aussiedlung haben sich sechs, für die Flurbereinigung selbst 94 Teilnehmer gemeldet. Die Finanzierung wurde eingehend erläutert. Nach einem überschläglichen Voranschlag belaufen sich die Kosten auf 550 000 DM. Das entspricht einer Belastung des Eigentümers von 5 bis 6 DM pro Jahr und Hektar.

 

Außer den Eigenleistungen von zirka 20 % beteiligen sich Bund und Land durch Darlehen und Zuschüsse bis zu 80 %. Bei dem Landaustausch geht es nicht Fläche um Fläche, sondern Wert gegen Wert. Der Wert ergibt sich aus Fläche mal Schätzungszahl. Besonders hervorgehoben wurde, daß kleinere Betriebe durch Landabgabe aufgestockt werden sollen.