Die Entwicklung der Landwirtschaft in Ellingstedt

Eine Abhandlung von Detlef Schmidt

In meiner Jugend, also in der 1960er Jahren war Ellingstedt ein echtes Bauerndorf. Allein in Morgenstern lieferten 9 Betriebe Milch an die Meierei, davon 5 Vollerwerbsbetriebe und 4 im Nebenerwerb.

 

Waren es 1888 bei der Meiereigründung 52 Mitglieder, blieben bei der Auflösung der Meierei immerhin 49 Mitglieder. Nach 1973 gaben mehrere Kleinbetriebe auf, nicht jeder konnte sich eine Kühlwanne leisten; dieses war Voraussetzung für eine Abholung durch die Nordbutter in Schleswig. Letztlich brachte die Meiereiauflösung auch einen Umbruch in der Landwirtschaft mit sich. Der Begriff „Wachsen oder Weichen“ fällt in diese Zeit. Durch eine gezielte Förderung beim Stallbau wurden die Betriebe immer größer, 50 bis 80 Kühe zu melken war keine Seltenheit. Futtermais und Einsatz von Stickstoffdünger erbrachten größere Futtermengen, so dass die Tierbestände auch größer werden konnten.

 

1984 führte die EU eine Milchquote ein, um die Milchmenge einzugrenzen. Diese war jedoch verhandelbar, so konnten kleinere Betriebe ihre Quoten verkaufen, diese wanderten dann zu größeren und finanzstarken Betrieben. Am 31. März 2015 lief die EU-Milchquotenregelung aus.

 

Die Zahl der Haupterwerbsbetriebe beträgt heute noch 9, es dürften noch weniger werden. Weil an den Flächen eine Prämie gebunden ist, wurden alle Flächen bewirtschaftet. Die Einführung der Flächenprämie führte zu einem riesigen bürokratischen Aufwand auf Seiten der landwirtschaftlichen Behörden und auch der Betriebe. Doch sichern die Prämien einen Teil des Betriebseinkommens und damit zum Bestehen der Betriebe.

 

Heute sind Betriebsgrößen von 300 bis 400 ha keine Seltenheit, es können mit modernster Technik 300 bis 400 Kühe gemolken werden, zum Teil auch mit Melkrobotern. Die Anforderungen an die landwirtschaftliche Erzeugung sind groß. Der Verbraucher erwartet hochwertige Lebensmittel zu einem günstigen Preis. Die Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Lebensmittelhandel ist besorgniserregend, einige wenige Konzerne bestimmen die Preise und sorgen für ein niedriges Niveau.

 

Ein wichtiger Punkt ist auch die Höhe des Milchpreises, im Jahre 2023 erreichten Molkereien im Norden um die 40 Cent pro kg Milch, in Süddeutschland 46 bis 49 Cent. Bei einer durchschnittlichen Jahresablieferung von 500.000 kg ergibt das eine Schwankung von 35.000 Euro für die gleiche Milchmenge. Letztlich ist der Landwirt davon abhängig, wie gut „seine Meierei“ wirtschaftet.

 

Die Landwirtschaft befindet sich heute in einem Spannungsfeld, auf der einen Seite tierfreundliche Haltung der Nutztiere und umweltverträgliche Produktion auf dem Acker, auf der anderen Seite genügend Einkommen zu erzielen und die Arbeitsbelastung zu bewältigen. Letztlich muss die Betriebsleiterfamilie eine Perspektive für die Zukunft haben.

 

Detlef Schmidt: Die Umstellung meines Betriebes

auf biologischen Anbau

1964    Ende Schulzeit.  Beginn landwirtschaftliche Lehre, 1 Jahr Fremdlehre.

 

1968 – 1970    Landwirtschaftliche Fachschule

 

1971    Pachtung des elterlichen Hofes

 

1975    Eigentümer per Überlassungsvertrag

 

1980    Landwirtschaftsmeister

 

1982    Stallbau – Laufstall für 48 Kühe, Melkstand

 

1986    Fahrt nach Frankreich

 

 

Mit einer Gruppe von 10 Personen, überwiegend Landwirte, fuhr ich in die Nähe von Lyon in Frankreich. Die Fahrt wurde organisiert von der evangelischen Landvolkschule Koppelsberg. Das Ziel war der Austausch und das Kennenlernen französischer Bauern.

 

So besuchten wir zuerst einen Betrieb, der einen Teil seiner Milch zu Joghurt verarbeitet und auch selbst vermarktet hat. In diesem Ort hatten sich mehrere Betriebe zusammengetan und an einer verkehrsgünstigen Stelle einen Verkaufsladen gebaut. Man wollte ohne Zwischenhandel die eigenen Produkte verkaufen. Überall stand die Devise, keine Futtermittel aus Ländern zu verbrauchen, in denen die Bevölkerung zu wenig zum Essen oder sogar Hunger hat. Man sprach vom erfolgreichen Anbau von Sojapflanzen; Sojaimporte aus Brasilien waren weit verbreitet und sollten vermieden werden.

 

Von dieser Tour kam ich mit vielen neuen Gedanken nach Hause, es folgten Gespräche mit Beratern und dem Biolandverband. Die Umstellung des Betriebes auf biologischen Anbau war die Folge und nach drei Jahren war 1990 unser Betrieb dann ein Biolandbetrieb. Der Anbau auf den Flächen war nicht das Problem, auf dem Grünland musste Kleegras eingesät werden, auf dem Ackerland Futterrüben und ein Gemenge Sommergerste mit Erbsen. Als Dünger stand nur Mist und Gülle zur Verfügung.

 

Nach der Umstellungsphase stiegen die Erträge kontinuierlich an, Rückschläge gab es natürlich trotzdem, z. B. wenn die Erbsen von den Tauben gefressen wurden. Das größere Problem war die Vermarktung der Milch und vom Rindfleisch. So konnte ich zusammen mit einem Kollegen in der Ostenfelder Meierei Käse produzieren. Den Käse mussten wir selbst verkaufen. Erst langsam entstanden nun Vermarktungswege. Unter dem Namen „Gläserne Molkerei“ wurde in Mecklenburg-Vorpommern über die Hansano-Milchwerke in Updahl eine Vermarktung aufgebaut. Der größte Teil der Biomilch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg wurde gesammelt und verarbeitet, zunächst Trinkmilch und Butter, später auch Käse und Joghurt. Anfang 2000 wurde unsere Milch dann auch entsprechend bezahlt, ein Mehrerlös von 10 Cent war nötig, um die Mehrkosten zu decken.

 

Neben der Vermarktung der Milch entwickelte sich die Futtermittelproduktion über die Handelsgesellschaft Gut Rosenkrantz. In einem großen Mischwerk in Neumünster hat man Kraftfutter für Rinder und Schweine sowie Hühner produziert und per Tankwagen auf die Höfe geliefert, alles nach Biorichtlinien erzeugt und verarbeitet.

 

Bioprodukte sind heute sowohl im Lebensmittelhandel wie auch in den Bioläden etabliert. Eine Entwicklung, die man vor 30 Jahren nicht erahnen konnte. Auch in der Produktion hat sich vieles verändert, ein Beispiel ist die Unkrautbekämpfung im Mais oder Gemüseanbau mit einem Roboter.

 

Es gibt heute viele Betriebe, die eine eigene Käseproduktion aufgebaut haben und auch einen eigenen Vertrieb oder einen Hofladen betreiben. Ein schönes Beispiel gibt es auf Pellworm, hier haben drei Brüder und ein Milchbauer die Meierei übernommen und produzieren Käse. Das sind kurze Wege und da Pellworm viele Besucher hat, dürfte der Absatz auch gesichert sein.

 

In unserer Nachbarschaft entstand die „Zwergenwiese“. Rein auf pflanzlicher Basis werden hier Brotaufstriche, Tomatensaucen und Fruchtaufstriche produziert, von mehr als 150 Mitarbeitern.

 

Nach der Umstellung auf Bio hatte mir ein Kollege empfohlen, neben Rüben einige Reihen Rote Beete zu säen. Die Ernte war erstaunlich gut. Eines Tages besuchte mich Susanne Schönung, die Gründerin der Zwergenwiese, und kaufte mir alle Roten Beete ab. Dies blieb aber auch der einzige Versuch im Gemüsebereich.

 

Biologischer Anbau ist heute ein fester Bestandteil der Landwirtschaft, auch in unseren Nachbarländern.